Gemeinde Dintikon

Eieraufleset Dintikon

Es wird angenommen, dass sich der Wettkampf zwischen den beiden "Weissen", nämlich den beiden Hauptfiguren des ganzen Geschehens, früher um die Gunst eines Mädchens drehte, das sich weder für den einen noch den andern Jüngling als Liebhaber entscheiden konnte. Dies kann aber urkundlich nicht nachgewiesen werden. Möglich ist auch, dass das Brauchtum seinen Ursprung im symbolischen Kampf zwischen Winter (Läufer) und Frühling (Eieraufleser) hat. Das Schlagen mit Schweineblasen auf den Boden könnte dabei das Vertreiben der bösen Wintergeister symbolisieren. Das Ei als Symbol einer fruchtbaren Ernte macht bei diesem Versuch zur Deutung des Brauchtums ebenfalls einen Sinn.

Ob das offenbar aus der alemannischen Zeit (10. - 13. Jahrhundert) stammende Brauchtum ohne Unterbruch durchgeführt wurde, ist nicht urkundlich erwiesen. Erste fotografische Dokumentationen stammen aus dem Jahr 1901. Eine Episode legt aber dar, dass der Eieraufleset auch bereits 1880 stattfand.

Mit dem "Gageln" findet am ersten Samstag nach Ostern alljährlich der Dintiker Eieraufleset seinen Auftakt. Dabei ziehen die 16 bis 20-jährigen Jünglinge von Haus zu Haus und erbitten mit dem unüberhörbaren "GaGaGa" Eier- oder auch Geldspenden. Einwohner, die sich einer Gabe verschliessen, müssen gewärtigen, dass sie am nächsten Morgen eine Handvoll Spreu vor ihrer Haustüre vorfinden.

Am zweiten Sonntag nach Ostern findet der Anlass mit dem eigentlichen Eierauflesetseinen Fortgang, indem die kostümierten Eieraufleser um 13.30 Uhr beim Restaurant Mühle zu einem Umzug abmarschieren . Dieser Umzug zum "Wettkampfplatz" wird angeführt von der Musikgesellschaft Dintikon.

Auf dem Wettkampfplatz wird um ca. 14.00 Uhr mit dem Auslegen der 101 Eier begonnen, welche im Abstand von einer Elle (= 60 cm) auf ein Häufchen Spreu auf den Boden gelegt werden. Nach Beendigung des Eierauslegens begeben sich die beiden Weissen, welche vorher aus den Angehörigen des ältesten Jahrganges der Eieraufleser-Teilnehmer erkoren wurden, zum Fangtuch und Spreukorb, welche sich fünf Meter vor dem ersten ausgelegten Ei befinden. Dort wird die Auslosung vorgenommen. Derjenige, der das kürzere Hölzchen zieht, ist der Läufer, während der andere die Rolle als Eieraufleser übernimmt.

Der eigentliche Eieraufleser begibt sich, nachdem er sich von seinem Kameraden verabschiedet hat, sofort an den Kopf der Eierreihe. Er beginnt, die Eier der Reihe nach in ein aufgespanntes Tuch (Grösse 170 cm x 250 cm) zu werfen. Sobald ein Ei das Ziel verfehlt, muss der Eieraufleser unter dem ständigen tollen Herumtreiben der übrigen maskierten und kostümierten Eieraufleset-Teilnehmer mit Laufen beginnen, d.h. er läuft pro Ei einmal vom nächst liegenden bis zum hintersten Ei. Wenn er das sechste Mal hinten ankommt, kann er dort sechs Eier aufnehmen und mit diesen zum Spreukorb eilen. So wird seine Laufstrecke immer kürzer. Derjenige "Weisse", der zuerst seine Aufgabe erledigt hat, gilt als Sieger und geht seinem Kameraden mit einem Stuhl entgegen, bzw. hilft ihm die restlichen Eier einsammeln.

Auf dem Festplatz gelangt regelmässig eine "Schnitzelbank" zum Verkauf, welche das Dorfgeschehen des vergangenen Jahres in gereimter Form glossiert.

Nachdem der Läufer auf der Strecke nach Hendschiken in den letzten Jahren vom grossen Strassenverkehr zunehmend gefährdet war und immer wieder durch längere Zeit geschlossene Bahnschranken behindert wurde und zudem die einzige im Dorf Hendschiken liegende Gaststätte am Sonntag geschlossen ist und somit dem Läufer keine "Stärkung" anbieten konnte, musste man sich dazu entschliessen, die Läuferstrecke nach Villmergen umzulegen. Hier steht eine weitgehend verkehrs- und schikanenfreie Strasse zur Verfügung. Weiter galt es, den immer mehr vom Anstösserverkehr beeinträchtigten Festplatz beim Gasthof zum Bären zu überdenken. Auf Antrag des Brauchtumspflegers wurde beschlossen, den Festbetrieb erstmals im Jahre 1999 auf den abseits vom Verkehr liegenden Schulhausplatz zu verlegen, wo in der Nähe auch genügend Parkmöglichkeiten und übrige Infrastruktur-Einrichtungen zur Verfügung stehen.

Chlauschlöpfe

Jeweils Anfang November ist es wieder so weit, und die Zeit des Chlauschlöpfens beginnt. Von Anfang November bis zum 2. Donnerstag im Dezember herrscht im Bezirk Lenzburg, und damit auch in Dintikon reges Chlauschlöpfer-Treiben. Nun werden sich sicher viele Leser fragen, worum es denn hier geht. Gerne bringen wir Ihnen den Brauch ein bisschen näher:

Es war einmal.........

vor ewigen Zeiten, als der St. Nikolaus jedes Jahr an seinem Namenstag von seiner Wohnung im Goffersberg (Gofi genannt) zu Lenzburg die vielen Treppen zur Stadt hinunterstieg. Zweck seines jährlichen Ausfluges war es, die Leute froh und zufrieden zu machen, indem er ihnen gute Dinge und Ratschläge bescherte. Doch eines Jahres war es mit der Herrlichkeit vorbei, denn böse Buben streuten Erbsen auf die Treppe, die zur Wohnung des Samichlaus führte. Als dieser müde und langsam zu später Stunde heimkehrte, rutschte er aus, kollerte die Treppe hinunter und tat sich an allen Gliedern weh. Verärgert und voller Groll schlug er donnernd die Türe hinter sich zu und gelobte, bis zum jüngsten Tage nie mehr Wohltätigkeitsbesuche machen zu wollen. Den Buben tat ihr Streich leid und sie wollten den St. Nikolaus um Verzeihung bitten. Sie fanden jedoch den Eingang zu seiner Wohnung nicht mehr. Um ihn hervorzulocken, machten Sie grossen Lärm mit Geisseln und sie tun dies heute noch jedes Jahr.

Es begab sich dann.........

dass der Brauch des Chlauschlöpfens von Lenzburg her auch in die andern Bezirksgemeinden und so auch nach Dintikon kam. Buben und auch Mädchen und gelegentlich sogar jung gebliebene Erwachsene suchten anfangs November, wenn die goldgelb und rot gewordenen Blätter von den Bäumen fielen und die ersten Spätherbststürme übers Land fegten und so das Nahen des Winters ankündigten, nach Zwick und Geissel. Es begann dann - ganz nach dem Motto "Übung macht den Meister" - das vorerst nur "heisere" später aber beherztere Üben. Gar nicht so leicht, mit dem kurzen Geisselstiel und dem Hanfzwick am Ende des langen Seiles einen "trockenen" Peitschenhieb in die nächtliche Landschaft zu knallen.

Es kann heute festgestellt werden, dass.........

in unserer Gemeinde der Chlauschlöpfer-Brauch wieder auflebt und dies zur Freude der einen oder aber zum Ärger der andern. In diesem Jahrzehnt hat sich aber auch in unserer Gemeinde - wie uns durch das Wiederaufleben des Chlauschlöpfens erst so richtig bewusst wird - so manches verändert. Erstens hat sich die Bauweise verdichtet und das macht das Chlöpfen erst recht interessant, verliert sich doch dadurch der Peitschenknall nicht einfach auf offenem Feld, sondern widerhallt in den Gassen. Zweitens kennt ein Teil der erst in den letzten Jahren zugezogenen EinwohnerInnen die geschichtlichen Hintergründe des im ganzen Bezirk Lenzburg üblichen Chlauschlöpfens nicht oder zu wenig. Der Gemeinderat möchte hier insbesondere bei allen (Neu) EinwohnerInnen und allen ChlauschlöpferInnen diesen offensichtlichen Informationsmangel beheben und an die gegenseitige Toleranz und Rücksichtnahme appellieren.

Es will der Gemeinderat.........

den Brauch des Chlauschlöpfens, wie wir ihn im Bezirk Lenzburg kennen (in anderen Gegenden kennt man die Fasnacht, deren Treiben gelegentlich auch nicht ganz leise verläuft, das Treicheln, das Silvesterschiessen oder andere meistens laute Bräuche) pflegen und innerhalb geordneter Abwicklungen gar fördern. So unterstützt der Gemeinderat, dass sich gelegentlich eine lose Vereinigung finden lässt, welche die Jungen im Chlauschlöpfen schult und alle ChlauschlöpferInnen am Ende der Chlauszeit ihr Können an einem Wettbewerb (örtliche Ausscheidung mit Berechtigung zur Teilnahme am Regionalwettbewerb) beweisen können.

Es will der Gemeinderat aber auch.........

eine gewisse Lenkung des Chlauschlöpfer-Betriebes erreichen. Deshalb nachstehend einige  Regeln , die es als verantwortungsbewusste Chlauschlöpfer/in zu beachten gilt:

  • Die Chlauschlöpfer-Geissel ist tagsüber stumm und wird erst mit dem Einnachten aus dem Kasten hervorgeholt. Um 21.00 Uhr wird sie dahin zurückgebracht. Einzig am Vorabend des Lenzburger Chlausmarktes und am Chlausmarkttag selber (Zweiter Donnerstag im Dezember) darf das Chlauschlöpfen abends etwas länger andauern.
  • Die Chlauschlöpfer-Geissel soll frühestens anfangs November hervorgeholt, instandgestellt und in Betrieb genommen werden.
  • Der Chlauschlöpferbetrieb soll am Tag des Lenzburger Chlausmarktes (Zweiter Donnerstag im Dezember) seinen Höhepunkt erreichen und danach blitzartig verstummen. Ausschliesslich für den danach stattfindenden regionalen Wettbewerb darf die Geissel nochmals hervorgeholt werden.
  • Jeder Unfug wie das Betreten von Privatgrundstücken, Betätigen von Hausglocke der Anwohner o.ä.m. ist zur "Sauberhaltung" des Chlauschlöpfer-Brauches unbedingt zu unterlassen.
  • Jeglicher Genuss von Alkohol und das Rauchen ist im Rahmen der Chlauschlöpfer-Tätigkeit zu unterlassen.
  • Damit die Nachricht der bevorstehenden Chlauszeit in jedes Dorfquartier gebracht werden kann, ist das Gebiet nach jedem Chlauschlöpfer-Auftritt zu wechseln.

Zum Schluss will der Gemeinderat auch noch.........

den sich vom Chlauschlöpfen "geplagt" fühlenden EinwohnerInnen einige  Tipps  abgeben.

Tipp 1: Wie ich mich mit den ChlauschlöpferInnen sicher zerstreite und sie anziehe, ihren Uebungsbetrieb dauernd vor meinem Haus abzuwickeln

  • ich öffne das Zimmerfenster und werfe einen Schwall Schimpfworte oder gar einen Kessel kalten Wassers auf die Strasse
  • ich telefoniere oder schreibe dem Gemeindeammann, der Gemeindekanzlei oder gar der Polizei, und verlange, dass das Chlauschlöpfen, das ich als "Unsitte" bezeichne, unterbunden wird
  • ich telefoniere den Eltern eines Chlauschlöpfer-Kindes, das ich in der Dunkelheit im Scheine der Strassenlampen zufälligerweise erkannt habe und beschimpfe diese Eltern
  • ich hupe die Chlauschlöpfer unter laut aufheulendem Motor und aggressiver Gestikulation von der Strasse weg oder fahre mit dem Auto in das lange Seil

Tipp 2: Wie ich mich mit den ChlauschlöpferInnen anfreunde

  • ich gehe zur Chlauschlöpfer-Gruppe auf die Strasse, interessiere mich für das "Werkzeug" d.h. die Geissel und für den Brauch des Chlauschlöpfens
  • ich überreiche der Gruppe einen Chlaussack (Chrömli, Mandarinli o.ä.m) und freue mich, dass unsere Dorfjugend den Chlauschlöpfer-Brauch pflegt statt irgendwo anders (wenn möglich beim Drogenkonsum) "herumzuhangen"
  • ich stelle mich ev. sogar dafür zur Verfügung, den Jugendlichen die Kunst des Chlauschlöpfens beizubringen und bei der Organisation einer dorfinternen Ausscheidung zwecks Teilnahme an einem anschliessenden regionalen Chlauschlöpf-Wettbewerb mitzuwirken.
  • ich zeige Verständnis und halte mit meinem Fahrzeug an, denn für die langen Geiseln ist eine Kreuzung der beste Ort zum Chlöpfen

Der Gemeinderat freut sich, dass jedes Jahr ein Programm für die interessierten ChlauschlöpferInnen durch den Brauchtumspfleger organisiert wird und viele Kinder und auch Erwachsene mitmachen. 

Das Programm wird jeweils ca. Mitte Oktober auf der Homepage der Gemeinde Dintikon publiziert.

Die Höhepunkte für alle ChlauschlöpferInnen sind jeweils die Ausscheidung in Hendschiken sowie der regionale Chlauschlöpf-Wettbewerb . Dieser findet jedes Jahr in einer anderen Chlauschlöpfer-Gemeinde statt.

GEMEINDERAT  DINTIKON